Beinahe sechs Monate nach Ablauf der Umsetzungsfrist hat das Arbeitsministerium Anfang Juni den Entwurf für das österreichische (Bundes-)Umsetzungsgesetz der EU-Whistleblower-Richtlinie in Begutachtung gegeben.
Das HinweisgeberInnenschutzgesetz (HSchG) setzt die zwingenden Mindestvorgaben der EU-Whistleblower-Richtlinie um, sieht aber teilweise auch über die Vorgaben der Richtlinie hinausgehende Regelungen vor. So ist etwa eine Ausweitung des sachlichen Anwendungsbereichs nicht nur auf Verstöße gegen Unionsrecht, sondern auch auf Tatbestände des nationalen Korruptionsstrafrechts geplant.
Herzstück des HSchG ist – neben dem ausdrücklichen Verbot von Repressalien gegen Hinweisgeber – die Verpflichtung zur Einrichtung von unternehmens- bzw. organisationsinternen Hinweisgebersystemen. Die Frage, welche Unternehmen und juristische Personen des öffentlichen Rechts dazu verpflichtet sind, ist im Detail komplex und hängt zusammengefasst einerseits von der jeweiligen Anzahl der Beschäftigten, andererseits von den Bereichen ab, in denen das jeweilige Unternehmen bzw. die juristische Person des öffentlichen Rechts tätig ist.
Das öffentliche Auftragswesen ist dabei einer jener Bereiche, der im HSchG ausdrücklich als besonders wichtiger Anwendungsbereich erwähnt ist. Nach dem Gesetzesentwurf besteht dabei insbesondere für öffentliche Auftraggeber iSd BVergG Handlungsbedarf, interne Hinweisgebermeldekanäle nach den Vorgaben des HSchG einzurichten, sofern es sich dabei um juristische Personen des öffentlichen Rechts mit mindestens 50 Beschäftigten handelt. Aufgrund der verfassungsrechtlichen Kompetenzverteilung gelten die Regelungen des HSchG nur für dem Bund zuzurechnende juristische Personen des öffentlichen Rechts. Für die Länder und Gemeinden ergibt sich die Verpflichtung zur Einrichtung von internen Hinweisgebermeldesystemen aus vom jeweiligen Landesgesetzgeber zu erlassenden Gesetzen (teilweise stehen entsprechende Landesgesetze bereits in Geltung, wie etwa im Burgenland oder in Tirol). Allgemein ist während der Dauer des Umsetzungsverzugs sowohl des Bundes-, als auch einzelner Landesgesetzgeber von einer unmittelbaren Anwendbarkeit der EU-Whistleblower-Richtlinie für den öffentlichen Bereich auszugehen, womit schon aufgrund dieses Umstands eine Verpflichtung zur Einrichtung von internen Hinweisgebermeldesystemen einzelner öffentlicher Auftraggeber bestehen kann.
Sämtliche öffentliche Auftraggeber sind daher gut beraten, spätestens jetzt zu prüfen, ob sie zur Einrichtung von internen Hinweisgebermeldekanälen verpflichtet sind. Die Einrichtung von internen Hinweisgebermeldekanälen ist dabei auch als Chance zu betrachten, Beschaffungsvorgänge durch die öffentliche Hand noch rechtskonformer und transparenter abzuwickeln.